lectures  
19.1. 18h : queer guided tour : führung
  19h : josé esteban munoz, judith halberstam
1.2. 18h : queer guided tour : führung
  19h : qvc: gruppe queer neoliberalismus. mit gästen
8.2. 18h : queer guided tour : führung
  19h : volker woltersdorff (einführung), renate lorenz
22.2. 18h : queer guided tour : führung
  19h : johanna schaffer, nikita dhawan /
maria do mar castro varela
1.3. 18h : queer guided tour : führung
  19h : jane ward, antke engel

 

Jeder Vortragsabend beginnt mit einer Queer Guided Tour, gemeinsam mit den jeweiligen Gästen.

Die Ausstellung folgt der These, dass "Sexualität" ein wichtiger Faktor für das Funktionieren von Macht im Feld der Arbeit ist. Die Menschen lassen sich über Sexualität adressieren, als Individuen oder als Gruppe = normal love .

Sexualität meint hier: das Sprechen über Sexualität, wie sie abgebildet wird, wie Sexualität organisiert und gelebt wird, die Verankerung der Sexualität als "Heterosexualität" in Institutionen und Gesetzen, welcher Sex tabuisiert oder pathologisiert ist, die Arbeit des Begehrens und der sexuellen Phantasien oder die Verknüpfung von Sexualität und Anerkennung.
Die Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Sexualität bei der Arbeit" wird sich mit der Frage beschäftigen, wie Sexualität, Macht und Arbeit verknüpft sind: Wie trägt Sexualität dazu bei, Individuen in gegenwärtige Machtverhältnisse zu verwickeln, die auch als "neoliberal" bezeichnet werden? Wir interessieren uns dabei weniger für die Frage nach den Macht-Institutionen und den Macht-Inhabern: gefragt wird nicht, wer die Macht besitzt , sondern "wie die Macht funktioniert " (Michel Foucault).
Macht es einen Unterschied, ob Menschen über Hetero-, Homo- oder einen anderen Sex adressiert werden? Wie genau können wir uns vorstellen, dass Sexualität als "Medium" zwischen Individuum und Gesellschaft tritt? Wie ist Sexualität in die Selbstrepräsentation involviert? In welcher Weise greift Sexualität Machtunterschiede und Hierarchien aus dem Arbeitsalltag auf und macht sie zu Differenzen, die begehrt werden?
Und umgekehrt: Beeinflussen die gegenwärtige Ökonomie und die gegenwärtigen Arbeitsverhältnisse die Weise, wie wir Sexualität leben? Wie bilden sich die "öffentlichen Phantasien" aus der Welt von Arbeit, Business und Geld in der Sexualität ab? Wenn Sexualität eine große Rolle darin spielt, Menschen zu adressieren, welche Möglichkeiten bieten dann Praxen des "Queerens", wenn wir uns eben nicht in dieser Weise adressieren lassen wollen?

 

josé esteban munoz, judith halberstam
Manifesto for Queer Utopia Or Queers At Work
(in englischer Sprache)

The manifesto basically asks: what now, what next, for whom, to where? It also raises the question of ''intellectual labo" - the manifesto has to think the new possibilities of any given movement, it gives them voice, it proposes, imagines, fantasizes, takes a leap into the spaces opened by critique and opens more. The questions that the manifesto tackles cannot simply be refused, denied or avoided or pushed aside in the spirit of continuous critique. For José Munoz and Judith Jack Halberstam, the manifesto remains an inspiring platform for making something happen, noticing that something has happened and celebrating the newness, the difference, the sheer range and potentiality of queer culture. In this presentation we will use the rubric of "queer labor" to discuss a range of art and performance practices: we will discuss work in the "normal love" show but also performance pieces by My Barbarian and Nao Bustamente. This critical dialogue will include clips and slides, improvised insight and spontaneous nonsense on behalf of crafting a plan for queer utopia.

Gruppe "QVC" (Corinna Genschel, Renate Lorenz, Bodo Niedl, Silke Veth, Nancy Wagenknecht, Volker Woltersdorff)
zu Gast: Preclab Hamburg
Queering Arbeit & Sexualität 
eine queere Perspektive auf Neoliberalismus & Ökonomie

Inputs, Beispiele & Diskussion 

Verschiedene Inputs beschäftigen sich an Beispielen aus der Ausstellung, anhand von Interview- und Filmausschnitten mit der Frage, welche Rolle Sexualität für die (Lohn-) Arbeit spielt:
Was ist "sexuelle Arbeit"? Kann sexuelle Arbeit verweigert werden oder gibt es einen "Bummelstreik sexueller Arbeit"?
Wie adressieren flexibilisierte Selbständige das Verhältnis  von Sexualität und Arbeit?

Wir sind in unsere Arbeit auch mit unserer geschlechtlichen und sexuellen Identität, mit unseren Gefühlen und Selbstbildern involviert. Gibt es Ungleichheiten des Aufwandes von Involvierung in Arbeit, die auf Geschlecht, Sexualität und Queerness beruhen? Welchen Einfluss hat die neoliberale Veränderung von Arbeitverhältnissen auf die unterschiedlich ausgeprägte Involvierung in Arbeit?
Und: was ist "ästhetische Produktivität", wie stellt sich darin das Verhältnis von Sexualität/ Geschlecht und Arbeit dar und wie hängt sie mit gegenwärtigen Produktionsverhältnissen zusammen?
Inputs von: Brigitta Kuster, Preclab Hamburg (Marianne Pieper, Efthimia Panagiotidis, Vassilis Tsianos), Volker Woltersdorff, Nancy Wagenknecht

Moderation: Silke Veth, Renate Lorenz

 

Renate Lorenz:
long working hours of normal love. sexual labor, a couple of fetishes and some productive fantasies (in englischer Sprache)

lecture & presentation of the catalog: normal love. precarious sex, precarious work & opening of the international conference: Performing and Queering Sadomasochism

Hannah Cullwick was a maid of all work, who lived in Victorian London. 26 of her staged photographs and parts of her diaries are shown in the exhibition "normal love. precarious sex, precarious work".
Hannah Cullwick was very proud of her "masculinity", of her strength, her muscles, and her big, dirty hands. Her portraits and self- portraits were part of a sado-masochistic relationship that Hannah Cullwick was involved in with Arthur Munby, a bourgeois man.
Interestingly, it was elements of her hard work in the household that provided the material for their SM scenes. In my presentation I want to examine certain elements, such as the SM-scenes, a couple of fetishes and fantasies building on images both, from the field of labor and from the field of sexuality. I ask how exactly these elements could become functional means of queering Hannah Cullwicks wage work as well as her heterosexual relationship.

 

Johanna Schaffer
Sexuelle Arbeit an den visuellen Strukturen der Anerkennung
(= die fotografische Formatvorlage "bürgerliches Subjekt" queeren)

1965 schreibt der Ideologietheoretiker Louis Althusser, dass ideologische Herrschaft bedeutet, dass sich der Protest der Arbeiterklasse in den Darstellungsstrukturen und -formen der bürgerlichen Ideologie ausdrücken muss.
Meine Untersuchung richtet den Blick auf ein anderes Feld des Protestes – das gegen eine heteronormative sexuelle Ordnung gerichtete, will aber diese Aufmerksamkeit für Repräsentationsdominanz und Formen des Protestes beibehalten. Mich interessieren die fotografischen Portraits Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies von Transpersonen, Femmes, Butches, Lesbian Boys, Drag Kings und queeren S/MerInnen als sexuelle Arbeit an einem visuellen Vokabular der Anerkennung, d.h. als Arbeiten, die an den formalen Rastern, in und an den formalen Referenzbegriffen einer herrschenden bürgerlichen (etc.) Ideologie tätig sind. Darin verhandeln diese visuellen Texte enorme Spannungen, die mit der Geschichte der Gebrauchsweisen des Mediums Fotografie zu tun haben, und sie verhandeln diese Spannungen erfolgreich – wenn angesichts der Geschichte fotografischer Darstellungsgewalt das Angenommenwerden der Repräsentationen durch die Repräsentierten als (ein) Maßstab des Erfolges gewertet wird.

María do Mar Castro Varela/ Nikita Dhawan
Nichts ist Unmöglich!
Camp, Queer und die Ökonomie

Der bekannte Slogan Toyotas "Nichts ist unmöglich!" fängt mit bemerkenswerter Direktheit die hervorstechendsten Merkmale des Postfordismus ein: Flexibilisierung und Prekarisierung. Laut Erfinder des Produktionsmodells Toyota, werden im Postfordismus die grundlegenden Kategorien der Gesellschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts gerade "umgekehrt gedacht". Nichts scheint hier im doppelten Sinne unmöglich: alles ist mach- und denkbar und nichts scheint verwerflich.

Die Idee des Camp, die gerne im Zusammenhang mit "queerer Ästhetik" gedacht wird, scheint in dieser Logik gar nicht schlecht zu funktionieren. So feiert Camp das Übertriebene und Ironische und stellt die Form immer vor den Inhalt. Es ist deswegen nicht widerspruchsvoll, dass Bollywoodfilme sich auch – oder insbesondere - in queeren Kontexten großer Beliebtheit erfreuen. Die Farben, die Theatralik, das exotisch Übertriebene lassen diese aus westlicher Perspektive eben campy erscheinen.
Anhand der Analyse aktueller Filmproduktionen und deren Rezeption werden wir versuchen, den Zusammenhang zwischen Queer, Camp und der Ökonomie herauszuarbeiten. Es soll dabei insbesondere um das sich in diesen dokumentierende Arbeits-Sexualitäts-Gefüge, und dessen Codierung und Re-codierung im Rezeptionsprozess gehen. Zentral verfolgen wir damit die Frage, inwieweit eine postkoloniale queere Perspektive neue Einsichten in das Funktionieren internationaler Arbeitsteilung ermöglicht?

 

Antke Engel
Hand-made in neoliberalism. Sexual craft and sexual technololgy
(in englischer Sprache)

Neoliberal conditions of subjectivity and social life pretend to be centred around individualism, but in fact depend on managing the contradictory demands of autonomy and care, which are no longer "solved" uncontestedly through gendered division of labour. Since state- or community-based versions of care work are not favored by neoliberal ideology, what is offered instead? We recognize the reprivatization and refamiliarization of care relations. But how is it framed and justified under late modern, neoliberal conditions?

I would like to argue that it is sexuality, or to be more precise, sexual labour (Boudry/Kuster/Lorenz) which constitutes the subjectivities and inspires and organizes the social and work relations, needed for neoliberal governmentality. Looking at a series of visual representations I conclude that it is the hand, which indicates sexual labour. This means, it is the hand, which promotes the "privatization of responsibility." But, and this is what interests me particularly, it is also the hand, which challenges the traditional gender order and heteronmative, phallic desire. Of course, you might ask, is it my fetishistic desire that made me choose the decisive pictures? But I would like to convince you, that it is not the hand as a fetish, but the hand as a work-force, as an instrument, and a technology, which is of interest here.

 

Jane Ward
Femme Labor and the Production of Trans Masculinity
(in englischer Sprache)

Within transgender activist discourse, the transgendered subject is often represented as a "gender outlaw" or "gender warrior" who creates a gendered selfhood in defiance and isolation. In contrast, this talk draws on documentaries, websites, and interviews focused on femme/FTM relationships to explore cases in which trans masculinity takes form in relation to an idealized femme subject for whom femininity is presumed to be natural, comfortable, and resolved. Yet "femme labor "- including the affective and embodied work femmes do to enhance the appearance of trouble-free femininity - hardly comes naturally. As with other forms of affective labor, the work of being "the girl" in the femme/FTM erotic script is becoming increasingly routinized - learned through advice columns, support groups, and other authoritative sources that teach femmes how to be supportive girlfriends and wives of FTMs. These developments suggest the need to reconfigure "gender labor" as a more transparent and consensual form of queer work.